Vampire! Es stellt sich immer wieder einmal die Frage, ob zu dem Thema nicht alles gesagt wurde. Gibt es nicht genug Geschichten dazu? Anscheinend nicht! Und das ist auch gut so.
Das Thema ist vielfältiger als man denkt und beschäftigt Autoren und Autorinnen zu allen Zeiten. J. Sheridan LeFanus „Carmilla“ zum Beispiel erschien 1872 und erzählt die Geschichte einer Blutsaugerin, die es auf junge Frauen abgesehen hat. Bram Stockers „Dracula“, erschien 1897 und war stark von LeFanus Geschichte beeinflusst. 1911 widmet sich Algernon Blackwood dem Thema von einer ganz anderen Seite. In seiner Kurzgeschichte „The Transfer“ ist es nicht ein ehemals menschliches Wesen, das auf die Lebenskraft anderer aus ist, sondern ein Stück Land. Diese Geschichte fand Einzug in die Anthologie „Schön wie Milch und Blut. Vampirische Geschichten“, die Gabriele Haefs und ich herausgegeben haben. Sie ist nur ein Beispiel dafür, auf wieviele Arten das Thema angegangen werden kann. David Slattery zum Beispiel verfolgt einen ähnlichen Gedanken wie Algernon Blackwood, bei ihm ist es ein Haus, das Blutdurst entwickelt. Christel Hildebrandt wiederum fragt sich, ob in diesen unseren modernen Zeiten Vampire nicht als Spezies geschützt sein sollten.
Es zeigt sich also, dass bei weitem noch nicht alle Geschichten über diese blutdürstigen, lebenskraftraubenden Wesen erzählt sind. Vor allem gehören sie nicht in den Bereich „früher einmal“. Alyson Faye zeigt in ihrem Beitrag „Es steckt in der Wand“ sehr deutlich, dass sich der moderne Wohnungsbau ausgezeichnet als Schlupfwinkel eignet, besonders weil dort immer für frische Nahrung gesorgt ist.
Vampire sind also ein heißes Thema, so ist vielleicht nicht verwunderlich, dass wir von mehreren Seiten gefragt wurden, wie es denn mit einer Anthologie zu dem Thema aussehe? Ob wir nicht Lust hätten da tätig zu werden. Hatten wir und sofort begannen die Geschichten zu strömen. Marion Hinz aus Lübeck hatte einen Reigen Gedichte zum Thema, den sie beisteuern wollte. Michael Klevenhaus, Spezialist für die gälische Sprache und Schottische Folklore wusste von vampirischen Frauen aus dem Hochland. Der norwegische Autor Levi Henriksen steuerte mit „Elävä Kuollut – unser Untoter“ eine Geschichte mit Familienbezug bei. Und die auf Irisch schreibende Eithne Ní Ghallchobhair erzählt von einer Mutter, die sich von ihrem frischgeborenen Kind ausgesaugt fühlt.
So findet sich in „Schön wie Milch und Blut“ ein bunter Reigen aus Geschichten und Vorstellungen zu diesem auf den ersten Blick so abgearbeiteten Thema.
Wir hätten problemlos ein doppelt so dickes Buch zusammenstellen können, aber das wäre viel zu teuer geworden – falls sich also jemand zu einem Nachfolgeband berufen fühlt, wir helfen da gern weiter!
Karin Braun und Gabriele Haefs (Hrsg.): Schön wie Milch und Blut. Vampirische Geschichten, Verlag tredition 2024, 13 EUR
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Blog von Karin Braun
Ein Beitrag zum Thema „Buchherstellung“, Schwarzaufweiss Evelyn Kuttig