Es war einmal eine Übersetzerin, die erhielt die Information, ein von ihr aus dem Norwegischen übersetztes Buch erhalte einen Preis, einen ganz besonderen Preis, ausgelobt vom Deutschen Ärztinnenverband e.V. für ein Buch, das sich vorbildlich mit dem Thema Gesundheit befasst.
Große Freude, auch noch, als sie las, dass der Preis der Autorin, Gro Dahle, und dem Illustrator, Svein Nyhus, zugedacht war, schließlich sind Angehörige dieses Handwerks ja nicht gewohnt, mit Aufmerksamkeit überschüttet zu werden.
Da jedoch weder Autorin noch Illustrator zur Preisverleihung nach Erfurt reisen konnten, wurde die Übersetzerin vom Verlag dazu eingeladen, sozusagen als Stellvertreterin – auf Anregung der Autorin!
Gesagt, getan, auch wenn es ausgerechnet in der Buchmessenwoche stattfinden sollte, aber schließlich gibt es Züge, die von Frankfurt nach Erfurt fahren, und die Übersetzerin hatte sich schon überlegt, wie sie aus der Pressemitteilung des Verbands oder aus der Laudatio der Autorin zitieren könnte. Darin wurden jeweils die Qualität der Sprache, deren Sensibilität usw. gelobt.
Die Übersetzerin traf die Autorin auf der Messe, und da verkündete diese, dass sie und ihr Mann es äußerst ungerecht fanden, dass die Übersetzerin gar nichts von dem Preis hätte, deshalb hatten sie den Verlag gebeten, ihr doch die Hälfte von dem Preis abzugeben.
Wieder große Freude und gleichzeitig das Grinsen eines kleinen Teufels im Bauch der Übersetzerin: Ja, die Autorin hatte erkannt und bedacht, welchen Anteil eine Übersetzung am Erfolg eines Buches hat …
Es war zwar keine stürmische finstere Nacht und keine Fahrt mit einer schaukelnden Postkutsche, dafür aber eine sich endlos dahinziehende, von Verspätungen gezeichnete Zugfahrt. So gelangten Verlagslektorin und Übersetzerin mit mehr als einer Stunde Verspätung ans Ziel, wo schnell ein Foto geschossen wurde, das der Preisverleihung, weil der Fotograf nach der offiziellen Zeremonie keine Zeit mehr hatte.
Dann ging es zur echten Preisverleihung, die Übersetzerin las aus dem Buch „Böse Mann“, erschienen im NordSüd-Verlag, unterstützt von einer Kunsthistorikerin, dann wurden endlich die Preise verteilt.
Denn das war die märchenhafte Überraschung: Der Deutsche Ärztinnenverband hatte beschlossen, zwei Preise zu verteilen, zum einen an Autorin und Illustrator, zum anderen an die Übersetzerin, die somit nicht mehr Stellvertreterin war und zunächst einmal sprachlos und überrascht, nichts da mit ironischer Dankesrede, einfach nur froh und dankbar, dass der Ball, den die Autorin ins Rollen gebracht hatte, so elegant ins Tor geschossen worden war.
Und jetzt darf sie mit Fug und Recht behaupten, den Preis des Deutschen Ärztinnenverbandes, die Silberne Feder, zusammen mit Autorin und Illustrator erhalten zu haben.
Diese Feder hat einen Ehrenplatz bei mir bekommen.
Ein Beitrag von Christel Hildebrandt zum Thema „Buchherstellung“, Schwarzaufweiss Evelyn Kuttig