Das klingt seltsam, ein Buch herausgeben, das macht doch eigentlich Spaß! Aber es ist wirklich so. Es geht um eine Sammlung von Geschichten, die mein Freund Mick Fitzgerald geschrieben hat. Den kannte ich seit frühen Studienzeiten, und seine Tante tritt sogar in meiner Doktorarbeit auf. Es hat damals immer großes Vergnügen gemacht, ihn Leuten, die meine Diss gelesen hatten, so vorzustellen: „Das ist der mit der Tante“, und alle waren tief beeindruckt, weil die Tante eben aufregende und für die Forschung wichtige Dinge erlebt hatte. Das ist ewiglange her, die Tante ist längst verstorben, während Mick im Laufe der Jahre vor allem als Musiker und Schauspieler arbeitete. Aber einmal wurde er für einen Literaturpreis nominiert, der Kurzgeschichten vorbehalten ist, und auf seiner englischen Website wird er als „prolific writer of short stories“ bezeichnet. Also denkt man doch, der Mann habe ganze Schubladen voller Kurzgeschichten liegen.
Weshalb ich eines Tages sagte: „Raus damit.“ Das half aber nichts, widerstrebend rückte der Autor eine Geschichte raus, dann noch eine, dann lange gar nichts, dann eine frisch geschriebene, dann eine, bei der dem Papier deutlich anzusehen war, daß sie vermutlich wirklich aus der Schublade meiner Vorstellungen stammte – auf diese langsame Weise entstand Micks erstes Buch mit Erzählungen, „Session“.
Das machte natürlich Mut, und ein zweites Buch wurde anvisiert, mit neuen Geschichten und solchen, die in irgendeiner Schublade überwintert hatten. Aber eins war mir inzwischen klar, mit Drohungen kam ich nicht weiter, und obwohl Mick immer wieder vor Ideen übersprudelte, war er gern bereit, das Schreiben noch mal aufzuschieben. Viele Gründe waren ja überzeugend, ein Auftritt in Belfast, einige Wochen lang in Südirland den Gonzalo in Shakespeares „Sturm“ spielen, kurzfristig angesetzte Dreharbeiten für eine Fernsehserie für den irischsprachigen Fernsehsender TnaG, man versteht ja, daß die Geschichten warten können, TnaG aber nicht. So war das, und dennoch wuchs der Fundus für das Buch. Micks Ideen wurden immer schöner, und auch aus ihnen wären wunderbare Erzählungen geworden.
Inzwischen aber sind wir vier schwere Operationen und zwei Runden Chemo von der Veröffentlichung von „Session“ entfernt, und dann war alles zu Ende. Auf eine letzte Geschichte hoffte ich trotzdem noch. Mick hatte mir genau erklärt, daß sie fertig sei, aber vieles gefiel ihm eben nicht, und er hatte mir am Telefon diktiert, was ich an welcher Stelle wie ändern sollte. Die Geschichte selbst, die ich noch gar nicht kannte, werde dann mit der Post kommen. Aber sie kam eben nicht. Ich hoffte noch lange, sie werde in seinem Nachlass auftauchen, aber sie ist noch immer verschollen.
Und so habe ich das Buch zusammengestellt, nach den Vorschlägen und Wünschen, die Mick zwischendurch geäußert hatte, versucht, die Texte in eine Reihenfolge zu bringen, die ihm gefallen hätte, und das war die Arbeit, die ich lieber nicht getan hätte, sondern dem Autor überlassen.
Die verschollene Geschichte aber endet mit dem Ausruf: „Es gibt ja gar keinen Davy Crockett im Alamo!“ Das muß man sich mal vorstellen! Wir haben doch sicher alle noch Johnny Cash im Ohr, „Remember the Alamo“, wo Davy Crockett im Sterben liegt, die berühmte Mütze verrutscht, doch noch immer mit tapferem Blick und mutigem Lächeln, und das soll gar nicht passiert sein? Wie wunderschön wäre es doch gewesen, diese Geschichte lesen zu können. Das Buch ist aber da, wie gesagt, es heißt „Der Hund, der zum Bankräuber wurde“, und die real existierenden Geschichten sind bestimmt genauso schön und unbedingt lesenswert.
Mick Fitzgerad: Der Hund, der zum Bankräuber wurde“, Songdog Verlag, Wien, erschienen im Dezember 2016, 14 €.
Ein Gastbeitrag zum Thema „Buchherstellung“, Evelyn Kuttig