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Märchen im Wandel der Zeit – von Karin Braun

norwegische Märchenerzählerin Olea Crøger, 1801–1855

Beginnt eine Geschichte mit „Es war einmal …“ wissen wir in der Regel, dass wir es mit einem Märchen zu tun bekommen und wir erinnern uns daran, wie uns diese Geschichten vorgelesen wurden und wie wir selber in den Märchenbüchern geblättert haben. Jedenfalls die von uns, denen noch die Geschichten von Dornröschen, dem Froschkönig und Schneewittchen vorgelesen wurden. Die jüngere Generation wird wohl eher den Fernseher einschalten und sich ansehen, was Disney Pixar den Geschichten angetan hat. In dieser Variante warten Prinzessinnen immer noch auf den Prinzen, um ihr Glück zu finden. Eine Variante, die lange nicht mehr zeitgemäß ist.

Daher ist es gut, dass es abseits der Kitsch-Industrie Menschen gibt, die die Märchen neu erzählen.Zum Beispiel Karen Duve, die sich in „Grrrimm“ der Grimmschen Märchen angenommen hat. Karen Duves Schneewittchen ist nicht nur durch die böse Stiefmutter gefährdet, sondern hat auch unter einem notgeilen, gewalttätigen Zwerg zu leiden. Und selbst nach der obligatorischen Heirat mit dem Prinzen, gibt es kein „und sie lebten glücklich, bis an ihr selig Ende“ für sie. Schneewittchen bleibt das Opfer in einer Männerwelt.

Anders bei Neil Gaiman. Sein Schneewittchen, ist alles andere als ein Opfer. In „Der Fluch der Spindel“ erfährt Schneewittchen am Vorabend ihrer Hochzeit von einem Königreich, das von einer Seuche heimgesucht wird, die alle in einen tiefen Schlaf fallen lässt und in dessen Mitte ein Schloss von einer dichten Rosenhecke umwuchert wird. Gaimans Schneewittchen schickt nun keine Soldaten aus, um zu erfahren was vorgeht, sondern legt ihr Rüstung an, gibt ihrem Bräutigam einen freundlichen Nasenstüber und macht sich mit ihrer Zwergengang auf, um die Sache zu klären. Auch nachdem sie die schlafende Schöne wach geküsst hat, kehrt sie nicht nach Hause zurück, denn heiraten kann frau schließlich immer noch, wenn sie genug Abenteuer erlebt hat.

Es ist eine gute Sache, dass sich AutorInnen der alten Überlieferungen annehmen und sie anders erzählen. Traditionell wurden Märchen nicht aufgezeichnet, sondern von Mund zu Mund überliefert, und so veränderten sie sich im Laufe der Zeit, auch wenn einige der Grundelemente erhalten blieben. Natürlich ist es einerseits schön, alle diese Schätze in einem Buch zusammengefasst zu sehen, aber es ist auch ein wenig traurig, dass sie unverändert bestehen und nicht mehr wirklich leben. Daher ist es so begrüßenswert, dass es AutorInnen gibt, die sich mit ihnen beschäftigen und ihnen neues Leben einhauchen.

Karin Braun, Autorin und Rezensentin mit Blog

Ein Beitrag von Karin Braun zum Thema „Buchherstellung“, Schwarzaufweiss Evelyn Kuttig


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Evelyn Kuttig

Evelyn Kuttig

Ich arbeite(te) als Grafikdesignerin, Projektmanagerin, Rechercheurin, Redakteurin und Texterin. – Das Blog enthält Berichte aus meinem Arbeitsalltag und Gastbeiträge aus vielfältigen Arbeitsfeldern, die zur Entstehung von Büchern beitragen. – Auch im Ruhestand stehe ich Interessierten mit meinen vielseitigen Kenntnissen und Erfahrungen und psychologischem Gespür immer noch gerne mit Rat und Tat und Empfehlungen zur Seite.

2 Gedanken zu „Märchen im Wandel der Zeit – von Karin Braun“

  1. ach ich liebe märchen und habe mich schon durch jede menge rund um die ganze welt durchgelesen
    ich freue mich schon darauf sie auch meiner enkelin vorzulesen zumal wenn ich sie so wunderbar neu erzählt weitergeben kann
    das ermutigt auch selbst neue wendungen zu finden und so die märchen am leben zu erhalten

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