Bettina Kyrala Belitz und ich kennen uns schon aus der Schulzeit. Als Bestsellerautorin im Jugendbuchbereich und Vielschreiberin hat sie bei mehreren Verlagen veröffentlicht. Heute begleitet sie andere lektorierend bei deren Buchprojekten und hilft ihnen beim Selfpublishing – wie z.B. Anna Hellmich aus Folge 6 dieser Interviewreihe mit Buchmenschen, mit denen ich arbeite oder gearbeitet habe. Wie es zu diesem Wandel kam und was als nächstes kommt, darum geht es in dieser Folge.
Wer bist Du, und was hast Du mit Büchern zu tun?
Ich bin Bettina Kyrala Belitz und begleite Menschen, die mit ihren Büchern Licht in die Welt bringen möchten, auf dem Weg zu einer professionellen Veröffentlichung auf Verlagsniveau. Dazu gehören in erster Linie spirituelle Romane und Ratgeber, aber auch autobiografische Romane. Meistens wirke ich mit einem ganzheitlichen Lektorat an diesen Werken mit; hin und wieder übernehme ich auch den Buchsatz. Außerdem habe ich den AutorenTempel entwickelt, einen Online-Kursbereich rund ums Thema Seelenschreiben und professionelles Selfpublishing.
Du warst selbst 12 Jahre hauptberuflich als Verlagsautorin tätig. Wie kam es dazu, wie hat sich Dein Autorinsein entwickelt, und warum hast Du damit aufgehört?
Ich habe nie wirklich damit aufgehört, Geschichten zu erzählen und schreibe seit meinem zwölften Lebensjahr. Allerdings habe ich meine Bücher 2019 von der Aufgabe befreit, mich ernähren zu müssen, weil mich die engen Verlagsstrukturen zunehmend einzuengen begannen und nach 40 Titeln auch ein Punkt erreicht war, an dem ich eine Schreibpause einlegen wollte, um Luft zu holen und mich zu fragen, wie mein Weg von nun an aussehen könnte. Vor einer Woche habe ich jedoch wieder angefangen, ein Buch zu schreiben – ein Spin Off meiner Bestseller-Trilogie „Splitterherz“. Die Katze lässt das Mausen nicht.
Entdeckt wurde ich 2009 übrigens über meinen Blog, auf dem ich Auszüge meiner Schubladen-Manuskripte veröffentlichte – und gleich mein erster Roman „Splitterherz“ entwickelte sich zum Bestseller.
Seit 2018 berätst Du andere AutorInnen auf deren Weg. Wie bist Du zu dieser Tätigkeit gekommen?
Ehrlich gesagt habe ich mich lange dagegen gesträubt, zu lektorieren und begleitend tätig zu sein, weil ich der festen Überzeugung war, dass ich das gar nicht kann. Deshalb habe ich Anfragen von Autorinnen und Autoren immer wieder abgeschmettert. Doch dann ergab sich im Zuge meines Romans „Gelebte Zeit“ eine Situation, in der ich einfach nicht Nein sagen konnte – und ich stellte zu meiner Überraschung fest, dass es mir nicht nur unglaubliche Freude bereitet, andere Menschen auf ihrem Weg zu ihrem Seelenbuch zu unterstützen, sondern auch begeisterte Rückmeldungen eintrafen. Also habe ich nach und nach umgesattelt. Nachdem meine letzten Vertragsverpflichtungen für die Verlage erfüllt waren, habe ich dann komplett neu gegründet – eine Entscheidung, die ich bisher keine Sekunde lang bereut habe.
Inwiefern helfen Dir Deine eigenen Erfahrungen als Autorin dabei?
Ich bekomme immer wieder Rückmeldungen von meinen Schützlingen, dass sie sich bei mir verstanden und gut aufgehoben fühlen. Sie spüren, dass ich nicht nur das Buch sehe – also den Plot, die Charaktere, den roten Faden etc. –, sondern auch den Menschen dahinter, samt all seinen Emotionen und inneren Themen, die beim Schreiben zu Tage treten können. Denn letztlich hat alles, was wir schreiben, in irgendeiner Art und Weise mit dem Ruf unserer Seele zu tun. Auf der anderen Seite hilft mir meine Verlagserfahrung natürlich dabei, zu erkennen, worauf es bei einer professionellen Buchveröffentlichung ankommt. Ich weiß, wie Verlage mit Autorinnen und Autoren arbeiten und wie komplex das Büchermachen ist – und das kann ich eins zu eins an die Menschen in meiner Begleitung weitergeben
Haben sich die Bedingungen für AutorInnen seit Deinem eigenen Autorinsein verändert und wenn ja, wie?
Ich habe schon während meines Autorinnenseins eine starke Veränderung in der Buchbranche beobachtet, die mir Sorgen bereitete. Als ich mit „Splitterherz“ einen Überraschungserfolg landete, war die Stimmung noch euphorisch und das Rezept einfach: Man schaute über den großen Teich und versuchte abzukupfern, was dort gut lief. Aber so einfach ist es eben nicht – und die Rolle des eBooks wie auch die Veränderungen des Leseverhaltens der Menschen durch neue digitale Inhalte wurde unterschätzt. Kreative Ideen, wie diese Lücke geschlossen werden konnte und man die Leser dort abholt, wo sie stehen, gab es kaum. Die Buchbranche ist insgesamt sehr konservativ; man scheut Experimente und neue Wege. Daran ist sie meines Erachtens gescheitert und deshalb in die Krise gerutscht, die nach wie vor anhält. Autorinnen und Autoren haben es heute deutlich schwerer als früher und es ist auch kaum mehr möglich, vom Bücherschreiben zu leben. Doch jede Krise hat ihre lichtvolle Seite: Das Selfpublishing hat sich gemausert und die SP-Anbieter haben rechtzeitig erkannt, wie sie die Digitalisierung der Buchwelt für sich nutzen können. Es ist heute wesentlich leichter als früher, ein hochwertiges Buch im Selfpublishing herauszugeben – und man bewahrt sich dabei eine künstlerische Freiheit, wie sie bei den Verlagen nur noch selten möglich ist.
Du unterstützt die AutorInnen, die mit Dir arbeiten, nicht nur in Sachen Lektorat, sondern z.B. auch in Sachen Covergestaltung bis hin zum Selfpublishing. Wie läuft sowas klassischerweise ab?
Der Schwerpunkt liegt immer beim Lektorat – und das ist auch der wichtigste Part auf dem Weg zu einem hochwertigen Buch. Doch für den Erfolg spielen natürlich auch Cover und Titel eine gewichtige Rolle. Deshalb biete ich Coverberatung an, erstelle auf Wunsch zielgruppengerechte Klappentexte und in meiner Online-Akademie, dem AutorenTempel, finden die Mitglieder zahlreiche Schulungen zum Thema Veröffentlichung und würdevolles Marketing für Selfpublisher.
Rätst Du eher zum Selfpublishing oder zur Verlagssuche und warum? Hat es etwas damit zu tun, ob jemand sein erstes Buch veröffentlicht?
Nein, es ist heute eher Typsache. Bin ich bereit, mein Licht selbst zu führen und Verantwortung für meine Entscheidungen zu tragen – oder möchte ich das vielleicht sogar? Wünsche ich mir für meine Bücher so viel Freiraum und Individualität wie möglich? Wer diese Fragen klar mit Ja beantworten kann, ist im Selfpublishing gut aufgehoben. Ich selbst würde nur noch in absoluten Ausnahmefällen in einem Verlag veröffentlichen. Mir sind die Risiken eines Verlagsvertrags inzwischen einfach zu hoch. Generell ist Selfpublishing im spirituellen Bereich sehr beliebt und überdies ein tolles Trainingsfeld, in den eigenen Ausdruck zu gehen und die eigenen Qualitäten besser kennenzulernen.
Wenn das Buch fertig geschrieben und verkäuflich ist, ist die Arbeit für AutorInnen ja nicht getan. Leider machen sich viele aber erst dann Gedanken darüber und verschenken so viel Zeit. Welche Schritte empfiehlst Du zu welchem Zeitpunkt anzugehen?
Ich glaube nicht wirklich an verschenkte Zeit – auch das, was wir vermeiden oder wovor wir zurückscheuen, hat immer einen Sinn. Natürlich versuche ich meinen Autorinnen und Autoren zu vermitteln, dass sie sich spätestens während des zweiten Lektoratsdurchgangs konkrete Gedanken darüber machen sollten, wie sie ihr Buch präsentieren und bewerben wollen. Aber im Selfpublishing ist es im Grunde nie zu spät, damit zu beginnen, über das eigene Buch zu sprechen und es so bekannter zu machen. Ganz anders ist das bei den Verlagen – wenn das Buch nicht in den ersten Wochen oder Monaten durch die Decke geht, wird es häufig nicht mehr beworben oder sogar aus dem Programm genommen. Es ist auf jeden Fall sinnvoll, eine fertige und gut gefüllte Website zu haben – idealerweise mit einem zum Buch passenden Blog –, wenn der Titel erscheint. Das erleichtert es, über das Buch zu sprechen und sich selbstbewusst mit ihm zu zeigen.
Manche AutorInnen haben am Anfang regelrecht Angst davor, mit digitaler Kommunikation sichtbar zu werden. Gleichzeitig wollen sie aber ihr Buch bekannt machen. Was glaubst Du, woher diese Angst kommt?
Das ist unterschiedlich. Manche Menschen haben die nachvollziehbare Angst, mit einer völlig neuen Facette ihres Seins sichtbar zu werden und damit Bewertungen ausgesetzt zu sein – ob seitens ihres persönlichen Umfeldes oder auch von Fremden. Man macht sich ja auf gewisse Weise verletzlich; wie bei jedem kreativen Ausdruck, der in die Öffentlichkeit gelangt. Wenn man in einem Buch persönliche Themen verarbeitet hat, ist die Schwelle oft noch ein bisschen höher – auf der anderen Seite sind diese Bücher für die Leserinnen und Leser oft besonders wertvoll.
Manchmal ist es aber auch die Scheu vor der digitalen Welt, insbesondere vor Social Media oder dem Pflegen einer Website, die der Verbreitung eines Buches im Wege steht. Manche sind dort einfach noch nicht zu Hause, diese Welt ist ihnen fremd und ein bisschen „spooky“.
Sichtbarkeit hat also mit Mut zu tun, neue Wege zu wagen. Doch wenn dieser Mut mal gefasst wurde, können sich ungeahnte Welten eröffnen. Meine kindliche Freude an dieser digitalen Welt voller Möglichkeiten wirkt dabei hoffentlich ansteckend auf meine Autorinnen und Autoren … 😉
Wie wichtig ist dabei das Vernetzen mit anderen AutorInnen?
Das Vernetzen kann inspirieren und stärken – deshalb biete ich neuerdings auch gemeinsame Zoom-Calls in meinem AutorenTempel an. Denn die meiste Zeit verbringen wir ja doch allein mit unseren Büchern, insbesondere beim Schreiben, und das Leben im Elfenbeintürmchen kann einsam sein. Mir persönlich hat das nie viel ausgemacht, aber durch eine Vernetzung kann man sich wertvolle Impulse abholen und erkennen, dass die meisten Seelenschreiber die gleichen Dinge antreiben – natürlich immer mit ihrem ganz individuellen Ausdruck. Wir wollen Geschichten erzählen und unser Licht in die Welt fließen lassen, um andere Herzen zu berühren. Dafür müssen wir jedoch bereit sein, über unsere Bücher zu sprechen. Manchmal braucht es dafür auch eine Portion Mut und zusammen sind wir immer stärker. Konkurrenz ist für mich ohnehin eine Erfindung des Verstandes und ein Relikt aus der alten Zeit.
Gibt es sonst noch etwas, das Du in Sachen Bücher loswerden möchtest?
Wenn du in dir den Ruf verspürst, eine Geschichte zu erzählen, dann vertrau darauf, dass sie wichtig ist. Womöglich warten da draußen schon Menschen auf deinen Klang – und schöpfen durch ihn neuen Lebensmut. Schreiben ist Liebe.
Wo findet man Dich am besten online?
Auf meinem Mutterschiff bettinabelitz.de
Vielen Dank fürs Mitmachen, liebe Bettina. 🙂
Foto von Bettina: Annette Schwindt
Hörbuchcover: The AOS
Ein Beitrag zum Thema „Buchherstellung“, Schwarzaufweiss Evelyn Kuttig