Klare Antwort? Ja, natürlich sind sie das, ich würde sogar sagen, dass sie zeitlos sind. Sowohl die althergebrachten als auch die neu entstandenen. Wo sonst sollte man erfahren, dass Gott russisch spricht (Gott spricht russisch von Ralph Gerstenberg) oder wie Drachen zu Drachen werden (Der Drachenfels bei Königswinter von Christine Vogeley)? Sagen sind also nicht nur irgendeine verstaubte Geschichte, die Opa immer erzählte, sondern ein Stück Kulturgut. Hätte ich nicht Benedikt Wredes Geschichte Die Dünengnome von Juist gelesen, ich hätte nie erfahren, dass es diese Gnome gibt und was die so treiben, und das hätte mein Leben so viel ärmer gemacht. Nein, Sagen gehören in jede Zeit und in jeden Haushalt.
Doch wie eng muss das Genre Sagen definiert werden? Soll der Rahmen da eng gesteckt sein, oder dürfen wir uns gewisse Freiheiten herausnehmen? Für mich ist die Antwort auch hier ein klares „Ja“, denn Sagen sind auch immer ein Spiegel der Zeit, in der sie entstanden sind, und nur so bleiben sie lebendig und erreichen ihre Leserschaft.
Peter Paul Haefs, der mit seiner Artikelsammlung zum Thema Sagen statt eines Vorwortes unsere im Mai 2021 bei tredtion veröffentlichte Anthologie „Sagenhafte Geschichten – Was Sagen sind, bestimmen wir!“ eröffnet, schreibt:
„Eine Sage entsteht dort, wo ein rätselhafter Vorgang die Aufmerksamkeit des Menschen erregt, mag dieser Vorfall sich in der Geschichte, in der Natur, im täglichem Leben abspielen.“
Seit März 2020 leben wir in sehr ungewöhnlichen Zeiten und Nikolaus Gatter hat diesen mit der Ballade von den Riesen Pandemiel und Gargantuäne Rechnung getragen. Diese Ballade erfüllt alle Vorgaben, die Peter Paul Haefs erwähnt.
Eine Anthologie kommt selten allein. So war es also nicht sehr verwunderlich, dass Gabriele Haefs und ich uns nach den Märchen („Es war einmal … und ist noch immer – Märchenhafte Geschichten“, tredition 2020, siehe Blogbeitrag) dem Thema Sagen zuwandten und überrascht waren, welch einen begeisterten Anklang es bei den Autor*nnen fand, denen gegenüber wir unser Projekt erwähnten. Da sowohl in Märchen als auch in Sagen etwas in Dreierfolge geschieht, darf man schon gespannt sein, was nun nach den Märchen und Sagen kommt. Eines kann ich schon verraten: Es wird maritim.
Sagenhafte Geschichten – Was Sagen sind bestimmen wir! Hrsg. : Karin Braun und Gabriele Haefs, Verlag Tredition 2021, 408 S., 12,99 €, ISBN 978-3-347-29219-2
Mitwirkende:
• Karon Alderman • Willi Basler • Birgit Beyer • Karin Braun • Camilla Collett • Hardy Crueger • Erik Edvardsen • Günther Eichweber • Carl Ewald • Gilli Fryzer • Nikolaus Gatter • Ralph Gerstenberg
• Gabriele Haefs • Espen Haarvardsholm • Peter Paul Haefs • Wilhelm Hauff • Levi Henriksen • Christel Hildebrandt • Ulrich Joosten • Eris von Lethe • Liederjan • Dorothy McArdle • Tomás Mac Siomón
• Romain John van de Maele • Freyja Melsted • Alexander Mochalov • Regine Normann • Roda Roda • Claudia Schmid • Shira Saya • David Slattery • Ralf Sotscheck • Christine Vogeley • Benedikt Wrede
Es war einmal – und ist noch immer. Märchenhafte Geschichten. Hrsg.: Karin Braun und Gabriele Haefs, Verlag Tredition 2020, 252 S., 10,– €, ISBN 978-3-347-12455-4
Mitwirkende:
• Brigitte Beyer • Åse Birkenheier • Karin Braun • Olea Crøger • Isabelle De Col • Kersten Flenter • Martha Frei • Mick Fitzgerald • Rudolf Franz • Dörte Giebel • Michael Habel • Gabriele Haefs
• Hendrikje Hartung • Christel Hildebrandt • Marion Hinz • Ulrich Joosten • Margaret Kirk • Regine Norman • Mari Osmundsen • Erna Osland • Ness Owen • Joanna Sterling • Gudmund Vindland
Ein Beitrag von Karin Braun zum Thema „Buchherstellung“, Schwarzaufweiss Evelyn Kuttig