Man kann wohl mit Fug und Recht behaupten, dass wir seit März – mal mehr, mal weniger – in einem Ausnahmezustand leben. Einerseits ist es ruhiger und andererseits aufgeregter, weil sich die Regeln im Alltag dauernd ändern und von einem Moment auf den anderen alles ganz anders sein kann. Doch es ist auch ruhiger. Ich bin Autorin und bekam in den letzten Monaten sehr oft zu hören: „Aber für dich muss das doch toll sein. Mehr Ruhe! Weniger Außen! Da kommst du doch endlich so richtig zum Schreiben.“ Tja, hört sich gut an, aber so ist es leider nicht. Jedenfalls für mich.
Schreibend konnte ich mir immer die Welt erklären und Ideen entwickeln. Auf einmal ist dem nicht mehr so, statt zu schreiben, starre ich auf Zahlen, schaue Dokumentationen und Nachrichten und organisiere meinen Alltag dauernd um. Mit anderen Worten, ich mache alles Mögliche, nur schreiben … nun das eben nicht. Woran liegt es nun? Sicher, das Leben unter Corona Maßnahmen bietet eine Menge Stoff, und ich befürchte in den nächsten Monaten und Jahren werden wir von Corona-Romanen überschwemmt werden. Doch für mich funktioniert es so nicht. Das Thema muss erst einmal auf den Komposthaufen, bevor ich mich dem widmen kann.
Was nun das gepriesene „weniger Außen“ betrifft. Nun, so ist dies nur auf dem ersten Blick positiv. Sicher, ich bin weniger draußen. Im Mai war ich das letzte Mal in einem Café mit Freund*innen. Im Juni hatte ich noch ein Arbeitstreffen mit Gabriele Haefs, mit der ich zu der Zeit gemeinsam an der Märchenanthologie „Es war einmal … und ist noch immer“ gearbeitet habe. Diese besondere Märchensammlung ist im August als Paperback 2020 bei Tredition erschienen, und nach der Fertigstellung wollte ich eigentlich an einem Roman weiterschreiben. Doch daraus wurde erst einmal nichts. Meine Charaktere hatten den Dialog mit mir abgebrochen. Besser gesagt, ich hatte nicht genug Kopfraum, um mit ihnen in Kontakt zu treten, weil mich Nachrichten und Zahlen beherrschten. Es war keine schöne Zeit, doch wie so oft, wenn alles aussichtslos scheint, kam ein feines Projekt des Weges.
Während der Zusammenstellung von „Es war einmal … und ist noch immer“, hatten meine Mitherausgeberin und ich schon einmal die Idee gestreift, eine weitere Anthologie in Angriff zu nehmen. Diesmal sollte es um Sagen gehen. Es war auch klar, dass wir das Projekt angehen würden … irgendwann in einer vagen Zukunft. Doch wie so oft, wenn eine Idee, ein Gedanke, erst einmal im Raum steht, scheint er sich auch ohne Zutun zu verbreiten. Kaum hatten wir das Projekt so dann und wann einmal vage angedeutet, kam von Autor*innen aus dem Umfeld: „Ich hab da was!“ oder „Ich hätte da eine Idee!“ Kurz und gut, „Märchenhafte Sagen – Was Sagen sind bestimmen wir“ ist in Arbeit und wird aller Voraussicht nach im Frühjahr 2021 das Licht der Welt entdecken.
Ach ja, das neue Projekt hat bewirkt, dass ich auch wieder an dem Roman arbeite. Da ist es schön, wenn man nicht nur schreibt, sondern wie ich als Berufsbezeichnung angebe „ich mache was mit Büchern“, es ist so ein breites Feld und ein spannendes dazu.
Ein Beitrag von Karin Braun zum Thema „Buchherstellung“, Schwarzaufweiss Evelyn Kuttig
Manchmal ist es Zeit …. nichts zu tun. Einfach nichts. Dann entwickelt sich etwas und kommt ans Tageslicht. Danke für diesen Schönen Beitrag.
Wenn das Nichtstun nur nicht so schwer auszuhalten wäre. Danke für den Dank. Alles Liebe Karin Braun